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Der Barocke Weinhandel in Zell

  • zenpo123
  • 19. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit
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Zell am Main, 22.09.2025

Viele interessante Informationen und spannende Einblicke in die Geschichte des ehemaligen Weinhändlerdorfs Zell am Main bekamen rund 25 Weinschwestern und -brüder bei einem Rundgang durch den historischen Altort geboten. Frau Dr. Nadine Jäger führte die Gruppe durch den Ort. Sie lebt schon lang in Zell und engagiert  sich mit dem Zeller Historiker und Heimatforscher Dr. Christian Naser für den Erhalt der historischen Bausubstanz in Zell.


Die  Teilnehmer wurden von ihr auf die vielen alten Weinpalais aufmerksam gemacht, die beim „normalen“ Vorbeifahren leicht übersehen werden und erhielten viel Informationen über  die Besonderheiten dieser historischen Gebäude.


Zell am Main, ein Vorort von Würzburg,  entwickelte sich ab dem 18. Jahrhundert zu einem Zentrum des Weinhandels in Deutschland. Dazu trug unter anderem die verkehrstechnisch günstige Lage bei, denn sowohl der Main als auch die alte Reichs- und Heeresstraße, die nach Westen in Richtung Frankfurt die Hettstädter Steige hochführt, dienten als wichtige Handelsrouten für Wein. Durch den dadurch erreichten Wohlstand entstanden in Zell einige sehr repräsentative Weinpalais, die teilweise bis heute erhalten sind.


Zu Beginn des 18. Jahrhunderts brach nach den jahrzehntelangen Reichskriegen mit Frankreich und der damit verbundenen Verwüstung der großen Weinbaugebiete in der Pfalz für den Weinhandel in Franken eine Blütezeit an. Frankfurt war damals die teuerste Stadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und zugleich wichtigster Umschlagsort für Wein. Etwa 30 fränkische Weinhändler kontrollierten den Frankfurter Weinmarkt. Dazu gehörten auch die vier bedeutendsten Zeller Weinhändlerfamilien Wiesen, Fleischmann, Fasel und Bauer. Die Zeller Weinhändler agierten aufgrund ihres geschäftlichen Könnens und auch ihrer geschickten Heiratspolitik sehr erfolgreich. Sie waren direkt oder indirekt mit den übrigen führenden fränkischen Weinhändlern verwandt.


Die ab 1715 errichteten Palais sind Zeugnisse des Erfolges und des Selbstbewusstseins der Zeller Weinhändler. Ab 1741 entstanden die prächtigsten Weinhandelshäuser in Zell. Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte jedoch vielfach umgenutzt, stehen mittlerweile teils leer oder sind (leider) dem Verfall preisgegeben.


Höhepunkt der Führung war das Weinhandelspalais von Andreas Wiesen, das vor dem Bau der Würzburger Residenz  von Balthasar Neumann im Jahre 1744 entworfen wurde. Die dreiflügelige Anlage bildet ein seltenes Beispiel dafür, wie sich  und Schlossgestaltung seiner Zeit orientierte. Wie Frau Dr. Jäger den interessierten Weingeschwistern anschaulich zeigen konnte, hat der berühmte Residenz-Baumeister in diesem Palais viele Bautechniken „geübt“, die er später an seinem größten Bauwerk, der Würzburger Residenz im Großen umgesetzt hat.

Die Dreiflügelanlage des Weinhändlerpalais öffnet sich, ähnlich wie bei der Residenz, mit einem (kleinen) Hof zur Hauptstraße des Ortes hin. Im Osten des Gebäudes befand sich ein Garten mit einer zentral angelegten, großen Brunnenanlage, vergleichbar dem Hofgarten in Würzburg. Aber auch die Bauweise der Kellergewölbe kann man so in der Residenz wiederfinden.


Im Anschluss an die Führung setzten sich die Teilnehmer noch in einer Gaststätte zusammen und ließen den Nachmittag gemütlich ausklingen.

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Text: Peter Schwappach, Fotos: Dr. Gabriele Brendel

 
 
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